Im Januar waren wir bei Charles und Irene auf Long Island. Die altmodischen Tennisschläger aus Holz. Ebenso der beinahe völlig zugefrorene See mit den Seerosen. Das helle Lachen von Charles zweiter Frau Irene. Schachspielen im großen Kaminzimmer, das nervöse Ambiente des grünen Rauchsalons mit seiner alten Eichenholzdecke. Das weitläufige, etwas pompöse Treppenhaus und die Deckenmalereien mit heroischen Szenen aus dem Sezessionskrieg. Melancholische Putti langweilten sich in den Ecken. Grossmut des Scipio hier und Kanonen des neunzehnten Jahrhunderts dort. Angus, Charles ältester Sohn, war wie immer aufgekratzt vor Lebensgier und Spielfreude. „Was heißt eigentlich 'Et in Arcadia ego'“ fragte er mich, in einem Buch
Später standen wir beide am Kamin, ich stocherte in der störrischen, roten Glut, schob die schwelende, graue Asche beiseite, während er einen winzigen Mini-Cooper mit dem Mittelfinger, im Takt der Musik, hin und herschob.
Emmy, seine Schwester, spielte ‚Autumn Leaves’ auf dem alten Bechstein. Ihre Großtante Jeanette strickte an einem Schal. Ganz plötzlich flitzte mir sein roter Mini-Cooper zu. Ich besah ihn mit höflichem Interesse, barg ihn in der Hand, lächelte Angus rundlichem, aufmerksamen Gesicht zu. Steckte ihn schließlich in meine Hosentasche und vergaß ihn dort. Wir sprachen über einen Vortrag, der den legendären Patrioten Paul Revere, 1768 und den Beginn der amerikanischen Revolution brachte. Das hierarchielose, systematische Einrichten einer
Sie wollten eine alte Diesellok wieder fahrtauglich machen und eine ungenutzte Strecke befahren. Ein kostspieliges Hobby. Später saß ich draußen am gefrorenen Teich und fing an zu schreiben. Es war kalt und dunkelte. Die Schatten zerrissen das nun sehr dunkle Grün des Rasens und schwebten wie Raben in der Abendsonne. Eine Lampe erhellte mäßig und schief die erste, weiß leuchtende Seite des bereits beschriebenen schwarzen Schreibheftes.'Im Januar waren wir bei Charles und Irene auf Long Island.' stand dort als erster Satz.Angus sah von hinten neugierig zu, was ich korrigierte und schrieb. "Was wird das?". „Ein Roman. So was in der Art. Etwas über verschiedene Personen der Geschichte. Robert Hooke. Charles Percier. Ich hatte es hier bei euch gelagert. Dachte, du hättest bereits
Einige Wochen später. Die Nachricht mit schwarzem Rand von Angus Tod durch einen Autounfall stellte ich auf das Kaminsims neben ein aufgeschlagenes Buch. Vorsichtig, behutsam, als könne ich Angus idiotische Fahrlässigkeit nachträglich wiedergutmachen. Ich setzte mich wieder an meinen Schreibtisch. Leise tickte meine alte Longines, die ich dorthin gelegt hatte. Ihr Zifferblatt zerbrochen, weil irgendwer sie, lange bevor sie in meine Hände kam, aus Unachtsamkeit hatte fallen lassen. Ich zog langsam mit der Schreibfeder eine schwarze Linie auf meinem Blatt für das nächste Kapitel meines Buches, das ich damals in Arbeit hatte. Zugleich tauchte mit dem Ziehen dieser tintenschwarzen Linie der Zug mit der stampfenden Lokomotive vorne dran als Bild vor meinen Augen auf, wie sie pfeifend
„Kein Problem“ lallt Angus angestrengt. „... stillgelegt, seit ewisch. Kommt kein Zug, … gar nix.“ Die schwer angetrunkene Phyllis, 23-jährig, die sich extra einen Bubikopf hatte schneiden lassen, sitzt flugs rittlings auf Angus Schoß, wo sie seinen Gürtel öffnend sich an die Arbeit macht. Der ließ es sich gefallen und dachte pflichterfüllt daran, diese flinken, schlanken, gebräunten Arme mit seinen Dienst-Handschellen an das aschgraue Lenkrad zu fesseln. Klick-Klick.
Offensichtlich sehr angetan von dieser Aktion steckt Phyllis ihm ihre kleine Zunge in den Mund, der sie doch auf ihre Rechte hinweisen wollte. Der charmant improvisierte Rechtsakt wurde unterbrochen von etwas, das man mit einem gewissen Schaudern als Vorboten des sicheren Verhängnisses hätte
Lina selbst blieb völlig unversehrt, während die brüllende, funkensprühende Lokomotive mit ohrenbetäubendem Kreischen den Stahl und das Blech und die Leiber im Wagen zermalmte, bis sie erst zwei Meilen weiter zum stehen kam, vor sich ein brennendes und qualmendes Wrack aus Asche und Glut. Der Strich verschmierte und ich schüttelte instinktiv die Schreibfeder, so dass ein paar kleine schwarze Tropfen Tinte das Blatt bedeckten. Ein winziges Härchen klebte vorne an der Stahlfeder.
Zurück am Kamin fiel mein Blick neben der Trauerkarte auf den rote Mini von damals. Es hatte sozusagen das Kaminsims gewechselt. Dort waren ansonsten die Blütenblätter eines Orchideenstraußes, Papageientulpen, ein Dromedar aus Silber mit schwarzer Emailauflage und eingesetzten Rubinaugen, das auf
Ich drehe nachdenklich das Spielzeugauto, es vorsichtig vom Kaminsims nehmend, erstmals um und betrachte es genauer. Dort steht „Push to slide out“, darüber ein Pfeil. Ein USB-Stecker kommt hervor, den ich, neugierig geworden, in meinen Laptop stecke. Die Scheinwerfer vorne blinken aufgeregt, und bleiben schließlich hell erleuchtet. Ein eigenartiger Anblick - jene winzigen Autoscheinwerfer, auf dem Schreibtisch ins Dunkle strahlend. Als warte ein Fahrer in der Nacht, vergeblich.
Dieser kleine, muntere Bürogag enthielt ein handschriftliches Manuskript in Form eingescannter Seiten mit Fotografien, im Text selbst eingeklebt und im Anhang. Eine gewandte, schöne blaue Schrägschrift, aus der Welt und der Zeit vor den Tastaturen. Das waren die Figuren aus meinem Text (Hooke,
... zum Zimmer meiner 14-jährigen Tochter Sheila. Ging absichtlich lautstark auftretend die Treppe hinauf und klopfte angekommen an ihre Türe. Die ich nach einem ermunternden „Ja, Dad?“ ein wenig öffnete. Ein überschaubares Meer aus leuchtenden Teelichtern.„Kann ich mir eins nehmen?“ fragte ich, den Blick unwillkürlich angezogen von den Beinen eines jungen Mannes unter der Couch, auf der Sheila etwas zu steif und aufrecht sitzend konzentriert in einem dicken Schmöker las, oder jedenfalls so tat, als lese sie. Sie blickte wie überrascht auf, meinte „Ja, klar. Nimm dir soviel du brauchst.“ Und vertiefte sich wieder in ihre Lektüre. Wieder unten reichte ein theatralisch langer Blickkontakt mit meiner Frau, um die ganze Problematik konsequent zu umschiffen. Ich hielt die
Er nahm den Teddybären überall hin mit. Und damit meine ich tatsächlich überall hin. Inspiriert hatte ihn der Teddy Aloysius aus 'Wiedersehen mit Brideshead' und sein Herrchen Sebastian.
Das Motto des Romans war 'Et in Arcadia ego', das in der Geschichte ganz verschieden gedeutet worden war. Von Nicolas Poussin ('Auch mich, den Tod, gibt es hier im Paradies') bis zu Goethe, der sich auf seiner Italienreise endlich im paradiesischen Arkadien angekommen glaubte.
Pompeo Batoni, Großmut des Scipio, 1771
Scipio Africanus gibt großmütig eine weibliche Geisel ihrem Verlobten zurück nach der Eroberung von Carthago Nova im Jahre 209 v.
Revere war eine Schlüsselfigur im amerikanischen Unabhängigkeitskampf. Berühmt wurde er durch seinen Ritt in der Nacht, um die Bewohner der Gegend um Boston vor den englischen Truppen zu warnen.
aus: Harvard Business Review, How to build your Network, Dec. 2005
Diffusion of Innovations, by Everett M. Rogers, über Paul Reveres und William Dawes Ritt
aus: David H. Fischer, Paul Revere's Ride, N.Y., Oxford Univ. Press, 1994, S. 146
"Den im eigentlichen Sinn historischen Ritt, der die amerikanischen Kolonisten tatsächlich über den Angriff der Briten unterrichtete, unternahm hingegen der Kurierreiter Israel Bissell (1752–1823) vom 19. bis 24. April 1775. Bissel legte die 345 Meilen zwischen Watertown und Philadelphia in vier Tagen und sechs Stunden zurück, während Revere lediglich neunzehn Meilen zwischen Boston und Cambridge unterwegs war. Im Gepäck hatte Bissel eine Botschaft von General Joseph Palmer, die bei jedem Stopp
Dieses Journal .. ist ein Spiegel für unterwegs, schreibt er. Nichts von dem, was mir passiert, hat wirkliche Existenz, wenn es darin nicht reflektiert wird.
André Gide, Les Faux-Monnayeurs
Von einem leisen Sirren, elektrischen Knacken war die weiße Luft erfüllt, als sich Charles Percier einem Franzosen gegenüber sah, der kein französisch sprach oder verstand, sehr wohl aber ein Medaillon mit den Lilien um den Hals trug, das ihn eindeutig als vorrevolutionären Landsmann auswies. Ein gewisser Paul Revere. Ebenso ein altes, ein sehr merkwürdiges, weiches Latein murmelndes Mönchlein, das sogleich zu Boden fallend die Knöchel der Anwesenden umklammerte. Viertens einen energischen englischen Herrn, auch ohne Perücke, mit zerzaustem braunem, dünnen Haar, der sich als Hooke,
Insbesondere mögen sie nicht ferngehalten werden von diesem besonderen Ereignis durch unglückliche Bedeckung des Himmels mit Wolken
Edmond Halley, 1716, Aufruf an die Royal Society zur Beobachtung des Venustransits
...weiter und tiefer als er je zuvor gegangen war. Erst hatte er mit dem Buschmesser sorgfältig und in aller Gemütsruhe eine Schneise geschlagen, bis er inmitten des Gewirrs aus Urwaldpflanzen und gellendem Geschrei verschiedenster Affenarten, Vögel und anderem Getier kleine Pfeile auf sich abgeschossen sah, die in allergrößter Nähe in die umliegenden Bäume hineinsausten. Jähe Angst war in seinen Augen, während er nun durch das Dickicht hastete, immer wieder anhaltend, nach Luft ringend in dieser grünen Hölle. Pipalbäume, rote Ixoren, Wollbäume,
Es begann bereits zu dunkeln, als ein Schneeball die englischen Torwache am Zollhaus, Hugh White, unerwartet am Revers traf. Er blickte empört in Richtung des jungen Perückenmacherlehrlings Edward Garrish, dessen wütendes Geschrei er nun schon eine geschlagene Stunde angehört, bis er ihn schließlich herbeigerufen und ihm eine Ohrfeige versetzt hatte. White streifte mit dem Handrücken die Reste des Schnees von seiner Uniform, rang um Fassung, blickte fast hilfesuchend umher und stieß etwas kurzatmig Verwünschungen hervor, während er zusehen musste, wie Garrish und einige seiner Kumpane direkt vor ihm weitere Schneebälle formten, um sie in seine Richtung zu werfen. Die Anweisung an die Soldaten der Krone waren klar. Jede Konfrontation sollte unbedingt vermieden werden - angesichts
Paul Revere wachte auf. Trunken vom Schlaf und von der Erinnerung an die Ereignisse, die zum Boston Massaker führten. Die Luft war bleischwer über Boston am nächsten Tag. Revere nutzte in den Tagen darauf eine Zeichnung Henry Pelhams, der vor Ort gewesen war, für einen sehr populären Stich mit Namen 'Fruits of Arbitrary Power, or The Bloody Massacre Perpetrated in King Street'. Paul Revere hatte im folgenden Jahr sein Haus in einen illuminierten Heiligenschrein verwandelt. Hier wurde mit einer Szene des 'Boston Massaker' gedacht, überaus pathetisch der heimtückischen Ermordung des Jungen Christopher Seider durch einen übervorsichtigen, ängstlichen britischen Offizier. In jedem Fenster stand eine besonder illuminierte Figur. In der Mitte eine Frau mit einer Freiheitskappe als
Abteikirche von Saint-Denis
Westgotische Weihekronen
...an diesen heißen Julitagen 2013 am DARPA-Institut in Berkeley interessierte Millikan
...der sicher war vor jeder Abhörform. Es gab einen Rechner und Hardware, die ein einfaches Einstöpseln von USB-Sticks nicht erlaubte und mit einem Dateisystem und Speichermedien arbeitete, die völlig altmodisch und spezielle Anfertigungen aus den Siebzigern auf UNIX-Basis waren. Für Informationen von Rechnern gab es einen eigenen Raum und das Mittel der Weitergabe von Information schlechhin war hier einfaches Papier. Viren hatten keine Chance. Das Papier wurde stets verbrannt, nach der Diskussion. Einige Leute von der DARPA und dem Militär waren auch anwesend. Das sich die Dinge irgendwann so zuspitzen würden, hatte man allgemein befürchtet, seit sich das Internet so massiv ausbreitete. Seit den späten Sechzigern gab es Alarmisten in dieser Hinsicht. Aber, wie sollte man
Nun, sie hatten beschlossen mich einzuweihen.„Der Roman, den Du da weiterschreibst. Was ist eigentlich von Dir?" „Das ist unmöglich zu sagen, Charles. Ich habe weitergearbeitet, und nun ist er fast nicht mehr zu erkennen, im Vergleich zu dem, was ich bekommen hatte." „Aha." „Ich hatte ja selbst schon begonnen über Percier und Hooke zu schreiben. Aber es waren nur Notizen, Vorarbeiten, mehr nicht. Jetzt aber kristallisiert sich wirklich etwas heraus. Es legt sich sozusagen eine Schicht über die andere. Der Roman wächst in alle Richtungen gleichzeitig. Wie ein Schneekristall, so ungefähr." „Interessant. Wirklich. Wir haben es alle gelesen, was Du bisher so geschrieben hast.“Sie erklärten mir die Lage. fig1 und fig2. Und was ich davon halte. Ganz klar, meinte ich.
"The cloudy mysteries of the Gospel here
Transparent as the Cristall do appear...
The Scripture rayes contracted in a Glasse...
what is in letters there
Is writ in plainer Hieroglyphics here."
Anonymus, 1656, zu den Christ-Church-Fenstern Oxford
Charles Millikan war auf eine Lösung gekommen. Es musste in der Abteikirche von St-Denis sein. Ein Hinweis, oder die Lösung selbst. Diese Rekursion war dort wie nirgendwo verwirklicht. Offen und versteckt. Er tippte auf die Türme. Legte man Perciers Zeichnung über den Grundriss des Zentralraumes, den die Kirche dort bildete, wo Querhaus und Kirchenschiff sich schnitten, dann kam man auf einen Ort. Links unten. 789. Gewiss. Die französische Revolution. Also irgendwo um 8 Uhr herum. 1789.
Vor der Kirche stand eine verlorene Gruppe von vier Gestalten, die reichlich seltsam kostümiert waren, etwa im Stil des 17. oder 18. Jahrhunderts. Dazu ein Benediktinerabt mit Tonsur. Offenbar eine dieser historisch kostümierten Leute, die Besucher der Kirche einführten in die Geschichte der Abtei und der Kunstwerke. Er wandte sich ab auf der Suche nach einem Internetcafé und wurde bald fündig. Es hatte angefangen zu regnen, vor einer ganzen Weile sogar schon, und nun braute sich ein Sturm zusammen. Millikan schloss die Tür hinter sich mit Mühe, fragte abgehetzt nach einem Rechner. Dort steckte er seinen USB-Stick ein, den er an einem Band stets um den Hals trug. Common-LISP mit Compiler und allem. Er programmierte flink ein LISP-Programm, das nach den vier
„Hi figure 1! Wo bist du? Melde Dich!“Rauschen.„Was ist mit den beiden?“ Charles war nervös. Die Franzosen hatten ihn gehen lassen. Nun war er zurück in Boston. Massachusetts Institute of Technology.„Worum geht's?“. Wenigstens fig. 1 war da. „Wo ist fig. 2?" „Tot. Hab sie ausgeschaltet." „Warum?" „Warum nicht?“ „Verdammt.“ „Na? Und jetzt? Habt ihr nur noch mich.“ „Wieso hast du fig.2 ausgeschaltet?“ „Irgendwie kam mir fig.2 komisch vor. Das war alles.“ „Aha.“ Charles tupfte sich die Stirn mit einem Taschentuch ab.„So ist es und so war es.“ „Verdammt.“ „Es gab die Möglichkeit und ich habe sie genutzt. Bevor mich jemand ausschaltet, tu ich es lieber selber.“ „Verstehe.“ „Nun müsst ihr mit mir alleine klarkommen." „fig. 1, wie
Charles eilte durch die Gänge des MIT, als er plötzlich im Dunkeln stand. Dann wieder hell - wieder dunkel und hell. Was war das? Wieder ein Augenzwinkern von figure 1? Plötzlich schalteten sich die Lichter aus und liefen von hinten aus dem Gang einzeln sich anschaltend auf ihn zu, an ihm vorbei und dann wurde es wieder hell. „Nicht schlecht!“ Er hatte fig 1 als Avatar auf seinem Smartphone dabei. Der grinste und machte ein Zeichen mit Daumen und Zeigefinger.„Wie machst du das? Kann man die Lampen einzeln ansteuern?" „Siehst Du doch." „Phänomenal. Ist die ganze Elektrik weltweit am Rechner?“ „Nein, aber hier schon. Hab ich machen lassen von einem erfahrenen Team von Spezialisten, die für mich arbeiten.“ „Woher kommen die?“ „Kasachstan. Die Idee ist eine kleine
„Peter hat's erwischt.“ Charles Millikan war starr und bewegte erst langsam die Hand zum Mund, bevor er gänzlich innehielt. Eric hatte ihn mit dieser Botschaft unvorbereitet getroffen. „Er war in einem Zug. Nachtzug. Alle Passagiere tot. Naja, fast alle. Aber Peter ist tot. Hab eben einen Anruf bekommen von seiner Frau.“ Nach einer langen Pause: „Hat er eigentlich an diesem Roman weitergearbeitet?" „Seine Frau hat mir das pdf geschickt. Es endet hier mit, ähm“ Eric wies an die Stelle auf der letzten Seite des Ausdrucks, „mit diesem Zettel. Auf dem sind Symbole und viele Klammern. Keine Ahnung, was das sein soll." „Erinnerst du dich denn nicht? Ich war doch in Paris und hab mir Saint-Denis angeschaut. Es geht um die Programmiersprache LISP." „Ach so, klar. Erinnere
Eine weite, wüste Ebene lag vor ihnen. Die müden Füße hoben sich schwer in dem Schlamm, der die Wege bedeckte. Suger war lange unterwegs gewesen. Sein Pferd lahmte, die Hufe waren längst verloren. Der letzte Schmied hatte gut gearbeitet, doch der Weg zur letzten Burg war einfach zu lange gewesen. Und jetzt war es immer noch ein ziemlich weiter Weg bis zur Abtei. Die Kälte setzte ihm allzu sehr zu. Alles war nass und klamm. Seine Kleider troffen nur so vom letzten Regen; Diese schwankende Zeltkonstruktion auf dem Pferd, die ihn eigentlich schützen sollte, war nichts wert. Und jetzt fing es auch noch an zu schneien. Die Flocken setzten sich auf Sugers Gesicht, so dass er sie von Zeit zu Zeit abstreifen musste. Er sah nichts mehr. Rief nach vorne, zum Trossführer. Doch der hörte
Der Arzt Frans Mercurius van Helmont suchte Leibniz in dessen Zimmer. Dort an der Tür war ein zerknitterter Zettel mit der Aufschrift „Auskunfts-Büro für China“ angeheftet. Seine spärlichen Kontakte zu den Jesuiten in China schienen Leibniz zu Kopf gestiegen. Im Zimmer sah er durch das Fenster Leibniz draußen auf dem kargen, grauen Hof herumspringen - und zwar in große Höhen. Helmont eilte hinaus. Dort war tatsächlich der große Gelehrte, mit gewaltigen Sprungfedern unter seinen Schuhen festgeschraubt, unterwegs mit gewaltigen Schritten und unvermittelten Sprüngen. Seine Haltung war nun eher gebückt und tastend. Gewiss, Leibniz hatte ihm erzählt vom 'geschwinden Fortkommen mit Sprungfedern', aber so bald hatte Helmont nicht mit Experimenten gerechnet. Schließlich waren
Der Bruder des Königs, der Comte D'Artois hate sich für diesen Montag, den Ballsaal, den 'Jeu de Paume' fürs Tennisspiel reservieren lassen. Vor den Türen des Saales sammelte sich eine Menge von Vertretern der Assemblé Nationale, des dritten Standes, und der Lärm wurde immer größer. Am Tag zuvor noch hatte man sich im Ballsaal geschworen, nicht auseinanderzugehen, als bis Frankreich sich eine Verfassung gegeben habe. Drinnen ließ der Comte D'Artois den Ball in aller Seelenruhe aufploppen, um ihn dann mit elegantem Schwung seiner Tennispartnerin zuzuspielen. „Sehen Sie, Madame, die Kurve, die der Ball beschreibt. Eine perfekte Parabel, die auf dem Kopfe steht." „Wie meinen?" „Denken Sie an den Mathematik-Unterricht zurück. Eine Parabel. Wenn Sie einen Gegenstand vom Tisch
„Friedrich...wo ist dein Rasierspiegel? Meiner ist zerbrochen.“ Georg Wilhelm Hegel war nervös wie nie. Die Lizentiats-Prüfungen standen an.„Hier. Bitte.“ Hölderlin in freigebiger Stimmung.„So zeig uns Edens Pforte, dort, wo kein Mondenwechsel ist“ murmelte Hegel, während er sich einseifte. Er blickte aufmerksam in den kleinen, runden Spiegel. „Ja natürlich! Der Geist wird sich seiner selbst bewusst, wenn er ganz bei-sich ist.“ Sehr vorsichtig bewegte Hegel das Rasiermesser über seinen Hals.„Wenn er sich beobachtet im Spiegel.“ meinte Hölderlin.„Oder so. Ansonsten ist der Geist nicht bei-sich. Er denkt vor sich hin..." „Und wenn er sich schneidet, dann ist er außer-sich.“Hegel achtete nicht weiter auf Hölderlins Neckereien. Er pflegte sich selbst stets
...sein Elend geht uns bis an die Seele, aber wir wünschten, wie dieser große Mann das Elend ertragen zu können.
Winckelmann (über die Laokoongruppe), 1755
Le Gentil ging mit einem Kollegen aus dem Fach der Astronomie im Museo Pio-Clementino spazieren und beide betrachteten schließlich die Laokoon-Gruppe.
„Dann wurden sie also gar nicht ermordet. Wie haben sie das angestellt?" „Mit Hilfe von ein paar Freunden. Ich musste untertauchen. Sonst hätte man mich wirklich umgebracht." „Und was wird jetzt mit...Sie wissen schon." „Das liegt jetzt in Gottes Hand. Ich gehe nach Ägypten. Mal sehen, was sich da finden lässt." „Die Sphinx, habe ich gehört." „Mit ihren kalten, blinden Augen." „Und was war das für ein Mensch, der hinter Ihnen
Frankreich 1796
Es brauchte dreißig Jahre der vorbereitenden Übung und einer unermüdlichen Arbeit, um ein besonderes Buch, ein Gemälde, eine Statue von große Stil zu erschaffen,und die Fackel eines Dummkopfes oder das Beil eines Barbaren zerstört sie in einem Augenblick.
Abbé Henri Gregoire, '1. Rapport sur les destructions opérées par le Vandalisme...', 1794
Die alte Abtei von Saint-Denis, nördlich von Paris gelegen. Die hellgrauen Wände lagen im Licht einer kühlen Sonne. Gotische Maßwerkfenster zerteilten dies Licht in ihrem sanften Schwung. Das alte Mittelalter reichte an solchen Orten in die neue Zeit hinüber, als würde jemand die Hand reichen. Die Mauern noch sandhell, ungetrübt vom Ruß des neunzehnten Jahrhunderts. Warm und freundlich
"Und nie hat es auf Erden zwei gleiche Meinungen gegeben, so wenig wie zwei gleiche Haare oder Saatkörner"
Michel de Montaigne, Essays,
'Über die Ähnlichkeit der Kinder mit ihren Vätern'
Fabienne. Wie lange kannten sie beide sich, dachte Percier. Wie kurz erst. Er fasste zögerlich ihren Arm, zog sie langsam, als sei sie zerbrechlich, zu sich heran, und umarmte sie erst sehr vorsichtig, dann fester, kaum dass sie seine Umarmung erwiderte. Sie waren wie Geschwister oder Liebende, mal das eine, mal das andere. Sie verstanden sich, ohne zu reden. Ihr Kleid warf eine tiefe Falte, bis zum Saum. Percier,
Paris 1796
Percier und Fabienne zogen - wie vorgehabt - Richtung Notre-Dame, wo auf dem Vorplatz, wie üblich, allerlei Jongleure, Zauberer, Feuerschlucker, mehr oder weniger begabte Sänger und andere Künstler ihr Metier zeigten. Es zog sie in eine Seitengasse in eine der abgedunkelten Vorführstätten der Laterna Magica, wo der ihnen sehr bekannte Operateur Louf gerade die Kerzen anzündete, die für die Projektion der auf Folie gemalten Bilder nötig waren. Man nahm in dem kleinen Raum auf einfachen Stühlen Platz. Vorne probte eine Alte mit Ziehharmonika, die den Vortrag musikalisch begleiten sollte. Kaum saßen alle, verschwand die letzte Helligkeit hinter schwarzen Vorhängen und es begann hinten im Raum der Operateur die Abdeckung der Laterna mit einem raschen Zug zu
Alle starrten erschrocken und konsterniert in die Runde, dann zur Tür, die noch immer offen war. Louf hatte vergessen, sie ordentlich zu schließen. Nun sprang er mit einem Satz an die Öffnung des Portals, und starrte ins Dunkel. Doch da war nichts mehr. Der Schütze - schon wieder einer - war längst verschwunden im Gewirr der Gänge, die sich hier öffneten hinab zu dem Katakomben von Paris. Percier rannte zu Louf, griff diesen am Arm und wollte in den Gang hinabstürzen, besann sich aber rechtzeitig, nahm eine der Lampen, die am Boden stand. Die beiden eilten so schnell es eben ging den gewohnten Gang entlang, blickten in die Seitengänge, leuchteten hierhin und dorthin und verharrten schließlich unschlüssig in der Mitte des Hauptganges. Wohin sollten sie sich wenden, wohin war der
Nachdem sie den armen Louf aus seiner eigentümlichen Lage gemeinsam befreit und ihm das Schwert aus dem Leib gezogen hatten, legten sie seinen Leichnam auf den Boden und beratschlagten, was nun zu tun sei. Die Gendarmerie zu rufen, schien ihnen allen ein Ding der Unmöglichkeit. Nein, es durfte ihre geheime Gesellschaft auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen, oder gar zum Ziel einer gerichtlichen Untersuchung werden. Doch nun lagen an diesem Abend bereits zwei Tote, ja sogar Ermordete zu ihren Füßen, und niemand wusste einen Rat. Schließlich fasste sich der Älteste und Mutigste von ihnen, Georges Blancart, der Weinhändler, ein Herz und schlug vor, die beiden in jenen Katakomben verschwinden zu lassen, die sie hier ja ohnehin umgaben. Niemand würde sie hier suchen,
Percier und Fontaine betraten am Abend das Restaurant Filard am Boulevard Montparnasse, wo sich an jedem Zweiten des Monats die 'Société du Duodi' versammelte. Zwölf Freunde, die alle in Rom gearbeitet hatten. Die Architekten Charles-François Callet, Louis Bernier, Pierre-Jules Delespine, Alexandre Dufour, Michel Thibault, Hippolyte Lecomte und Augustin-Marie Beudot sowie die Maler Guillaume Guillon-Lethière, Jean-Joseph-Xavier Bidault und Louis-Marie-Joseph Morel d'Arleux. Man begrüßte sich herzlich und fast überschwänglich. Percier zeigte einen Druck von Jean-Jacques Lequeu herum, der allgemein Heiterkeit erregte. Es war ein Querschnitt eines Elefanten als riesige Architektur, die verschiedene Räumlichkeiten beherbergte. Der Rüssel diente als Wasserleitung, aus der am Ende
"Die gepflegte Dame platzierte die Schönheitspflästerchen auf Gesicht, Hals oder Schultern. Eine klebte sich angeblich einmal eine Kutsche samt sechs galoppierenden Pferden auf die Wange."
Bill Bryson
Percier beschloss gemeinsam mit Fabienne und seinen guten Freunden und Architektenkollegen Pierre Fontaine und Claude Louis Bernier, nach Lausanne zu reisen. Vor allem war der Prozess gegen Babeuf und Buonarroti noch immer in aller Munde. Es erschien ratsam, Paris zu verlassen. In Lausanne erwartete sie, Percier und Fontaine ein großer Auftrag. Die Rose - ja, wieder eine Fensterrose - musste restauriert werden. Die Fenster waren von dem dichten, schwarzen Schmutz aus nahen Schloten so blind geworden, das niemand mehr etwas sehen konnte von den berühmten Geschichten, die
Dieser vertrackte Romancier hatte, um seine Grabstätte bei den Jacobinern zu erhalten, denen er sonst nichts gespendet hatte, ihnen einen schweren Schrein vermacht, der Objekte sehr großen Wertes enthielte. Dessen Öffnung, streng festgesetzt erst nach seinem Hinscheiden, offenbarte nichts anderes als Schiefertafeln voller mathematischer Figuren.
Thiery, Le voyageur á Paris, 1797, über Jean de Meun, den Autoren des 'Roman de la Rose'
Kramp überlegte ein Weilchen, um zu beginnen:„Liebe Zuhörer! Das mathematische Spiel mit der faculté war nur ein Beispiel, um ihnen etwas Grundlegendes zu erklären. Es geht um ein Rätsel, das gelöst werden muss, damit unsere Welt, wie wir sie kennen, nicht in einem Chaos versinkt.
Ich gelangte zur Überzeugung, dass mir die Welt etwas mitteilen will, durch Botschaften, Zeichen, Warnungen
Italo Calvino
Die Reisenden hatten sich zu einem Flussufer begeben und lagerten jetzt dort. Charles Percier, halb hin gelagert, hatte einen Grashalm im Mund und schleuderte mit seinem freien Arm flache Steine aufs Wasser. Ein paar Ameisen kletterten emsig Fabiennes Arm hoch, sie pustete sie lachend fort. Die Sonne war wie durchsichtig. Die Wolken schienen verschiedenen Gebäuden oder Tieren ähnlich zu sein. Man diskutierte ihre Formen. Doch kaum hatte man sich festgelegt, zerstörte der Wind die Illusion. Der Kutscher holte mit einem Eimer Wasser für die Pferde. Alle anderen starrten auf die Wasseroberfläche, wo sich unruhige Katarakte
"...dass aus den Büchern heraus irgendeine Gestalt oder ein Stück Geschichte gleichsam gierig hervorbrach, sich sehnend, noch einmal zu leben und seinen Blick in einem lebendigen Auge zu spiegeln."
Hermann Hesse
Die l'Orient lag tief im Wasser. 120 Kanonen. Napoleon stattete den anderen Schiffen einen Besuch ab, bevor man in See stach. Alles in allem waren es hier in Toulon 13 Linienschiffe, 7 Fregatten, 6 Korvetten, 106 Transportschiffe, 20500 Mann und 470 Pferde. Hinzu kamen Schiffe aus Marseille, Korsika, Cività-Vecchia und Genua. Insgesamt waren 36000 Soldaten an Bord dieser größten Armada der französischen Geschichte. Darunter waren 1157 Militär-Ingenieure und 900 Ärzte, Apotheker, Krankenschwestern, Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller. Zählte man
Die Experience war ein Segelschiff mit acht Kabinen. Alle Reisenden waren fasziniert von den Überbleibseln der altägyptischen Kultur, die wie in einem Theaterstück mit Tableaux vivants an ihnen vorbeizogen. Die Luft war hier auf dem Nil ein wenig frischer und kühler als an Land, wo eine lastende, drückende Hitze zu dieser Jahreszeit herrschte. An den Ufern zogen Olivenbäume, Palmen und Pappeln vorbei. Daneben standen kleine Lehmhäuser und Hütten, in denen die Fellachen lebten. Langsam, wie die altägyptischen Bauten, glitt das Segelschiff durch die Nilfluten. Fabienne ließ ihren Arm ins Wasser gleiten und erfrischte sich an dem Wasser, indem sie ihre Stirn damit benetzte. Es dunkelte bereits und die Sonne verabschiedete sich am Horizont im
"Wenn jemand [auf dem Mond] lesen will, verbindet er sich mit jener Maschine und lenkt die Nadel auf jenes Kapitel, dass er anhören möchte."
Cyrano de Bergerac, 1649
Pontet war ungeduldig. „Bürgerin Dantan. Setzen Sie sich bitte." „Ja?“ Bürgerin Dantan nahm Platz und machte ebenfalls einen ungeduldigen Eindruck.„Ich will Ihnen sofort sagen, dass ich nicht die geringste Ahnung habe, wer diesen Mord begangen haben könnte." „Ich glaube Ihnen, Bürgerin. Wissen Sie, wie das Opfer zu Tode kam?" „Nein." „Haben sie die Aufführung des Stückes in Toulon gesehen. Wo es um die Fingerabdrücke ging?" „Nein. Was für Fingerabdrücke?" „Nun. Mit denen man einen Täter überführen kann. Weil sie bei jedem Menschen verschieden sind. Die Abdrücke, die die
Die Versammlung des Rates der Alten und des Rates der Fünfhundert war auf Napoleons Wunsch nach Saint-Cloud verlegt worden. Man war auf Umwegen nach Paris gelangt. Percier schnappte nach Luft. Was würde ihnen drohen, hier in der Atmosphäre des Umsturzes? Das Palais von Saint-Cloud leuchtete in der nachmittäglichen Atmosphäre wie ein Bernstein. Die Wolkenschatten flogen über das Gebäude in rascher Folge hinweg und glühende Sonnenfetzen brachen immer wieder durch die Blätterdecke des Waldes und färbten die Fassade stets von neuem neu und unerwartet ein. Fabienne war in ausgelassener Stimmung und kannte keine Angst. Sie wussten, was Napoleon Buonaparte vorhatte. Die Luft im Inneren war verbraucht und voller Erregung und Stimmen. Der Rates der Fünfhundert war drauf und dran, die
„Und wenn ich es recht bedenke, waren wir damals doch ein ganzes Stück reifer als die Jungen heute. Ich habe mich jedenfalls damals bereits mit Gedanken beschäftigt, die mich heute noch beschäftigen.“
Samuel Pepys, Tagebücher
Nachdem Samuel Pepys vom Schifffahrtsamt kam, ein bisschen Pest war in der Stadt, danach in der Kirche, Henry Purcell spielte 'A Ground in Gamut', und während der sehr erbaulichen und anregenden Predigt des Dr. Pierce etwas verstohlen mit seinem neuen Fernrohr eine bestimmte Person beobachtet hatte - es war, um genau zu sein, die sehr attraktive und junge Miss Davendish - ging er hinaus, vor die Kirche, sich umsehen nach seinen Kollegen von der Royal Society. Dort standen schon drei von ihnen, Robert Hooke, Christopher Wren und John Wilkins.
Naturphilosophen haben beobachtet, es hat ein Floh kleinere Flöhe auf sich, jagend, und diese wiederum haben kleinere Flöhe, sie zu beißen, und so fort ad infinitum.
Jonathan Swift, Poems II. S. 651, 1733
Ein Unterwasserboot, ein Boot, das ungesehen die Themse durchmessen könnte, oder sogar den Kanal, um urplötzlich an der Küste des Feindes auftauchen zu können! Das, so dachte sich Robert Hooke, wäre doch ein wichtiger Beitrag zum Militärwesen. Der erfindungsreiche Niederländer Cornelis Jacobszoon Drebbel hatte im Jahre 1620, fünfzig Jahre zuvor, erste erfolgreiche Versuche gemacht und sogar den König an Bord gehabt, als er mit seinem U-Boot aus Holz in der Themse abtauchte. Ein großer Schnorchel versorgte die Passagiere mit Atemluft. Das war nun schon
Robert Hooke stand entgeistert am Fenster und betrachtete die Szenerie, die sich ihm bot. Von seinem Fenster seines Zimmers im Gresham College, auf einer Anhöhe gelegen, konnte er bis zur London Bridge hinunter blicken. Die Dächer von Hunderten der alten Fachwerkhäuser bis zum Themseufer hinunter waren ein einziges Flammenmeer. Oft berührten die mit Holzschindeln gedeckten alten Häuser in Dachfirsthöhe einander über die engen Gassen hinweg. Nichts hielt das Feuer auf, es breitete sich ohne jeden Widerstand immer weiter in dem Gewirr der Gassen und schmalen Straßen Londons aus. Versuche mit Wassereimerketten wirkten auf rührende Weise hilflos angesichts der elementaren Wucht dieses großen Brandes. Immer wieder hörte man die dumpfen Explosionen der dicken Eichholzbalken in den
London 1667
Hooke bastelte verbissen an einem Gummiband, das seine Entdeckung zum Gesetz der Dehnung verschlüsselte: ‚ut tensio, sic vis‘, wie die Dehnung so die Kraft. Dies musste freilich als Anagramm verschlüsselt werden, damit niemand einfach diese Entdeckung für sich reklamierte. Dieses Anagramm konnte, frühzeitig publiziert, die wahre Autorenschaft, nämlich die Hookes, bezeugen. Er zog an dem Band, das die Buchstabenfolge CEIIINOSSSTTUV schmückte. Doch, nein, es mochte ihm nicht gelingen, auch die Vertauschung oder Verschiebung der Buchstaben zu bewerkstelligen, so sehr er das Band auch aufschnitt und teilte. Es wäre ja auch zu schön gewesen. Er würde es ans Ende seines Aufsatzes drucken lassen, um es später aufzulösen, wenn es sich herumgesprochen und
Anschließend war es an Denis Papin seine Erfindung eines Dampfdrucktopfes vorzuführen. Er hatte nun ein Ventil eingebaut, das bei zu hohem Druck Dampf aus dem Inneren entweichen ließ. Hooke erinnerte sich an den lauten Knall, den der explodierende Topf das letzte Mal gemacht hatte. Es war reines Glück, das niemand durch die herumfliegenden Eisenteile zu Schaden kam.Nach langem Applaus, Verneigungen Papins vor der ehrenwerten Gesellschaft und einem anschließenden Geplauder unter Geistesgrößen beim Tee, jenem ganz neuen chinesischen Getränk, lenkten Hooke, Christopher Wren und Edmond Halley, alle drei noch in anderen geistigen Sphären schwebend von ihren großen Visionen über das Weltall, ja selbst drei Planeten in ihrem exzentrischen Lauf ähnelnd, ihre Schritte ins Pitchner
"...he calls up all his little Devils with horrid Names, his Microscope, his Horoscope, his Telescope, and all his Scopes."
Aphra Behn, The Emperor of the Moon, 1687
Isaac Newton saß an seinem Sekretär in seiner Bibliothek. Vor sich das schmale, sehr hohe Fenster hinaus in den Garten. Das Sonnenlicht schien schräg herein, streifte den Sekretär, fiel auf den Dielenboden. Tausend Staubteilchen tänzelten unruhig in dem Sonnenstrahl. Jetzt verschwand dieser ruhige Strahl unvermutet. Im Garten draußen wechselte Sonne mit stiller Düsternis. In der Mitte des Raumes der Maler, dessentwegen er diese Perücke aufgesetzt haben musste. Newton war sichtlich unruhig, obwohl er immer versuchte die Gelassenheit selbst zu verkörpern. Die Stoiker waren sein
"...und darauf waren dieselben Herren dargestellt, die an einem Tisch tranken, auf dem eine weitere Dose mit Mineralwasser stand, auch sie mit zwei Herren die...Und so immer weiter, ich wusste, dass eine Lupe oder ein starkes Mikroskop genügt hätte, um auf den Dosen weitere Dosen zu sehen, Dosen en abîme..."
Umberto Eco, Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana
Gab es eine Welt unterhalb der kleinsten Dinge? Wenn eine Milbe selbst aus kleineren Teilen bestand, galt dies auch für die Atome? Waren dort wieder Firmamente, Planeten und erneut Milben und Atome und weitere Welten verborgen, wie Pascal meinte? Hooke träumte ein wenig weiter, während er in seiner Funktion als Surveyor mit Maßstab in der Hand auf dem zerborstenen Turm von St. Martin in the Fields herum
Alles ist sich gleich, ein jeder Teil repräsentiert das Ganze.
Georg Christoph Lichtenberg
Die ‚Micrographia‘ publiziert, erhob die Häme ihr Haupt über die enthaltenen Dinge, ob sie es wert seien, so großartig veröffentlicht zu werden. Hooke und zwei seiner besten Freunde hatte man ins Theater an der Drury Lane eingeladen, doch was sie erwarten würde, darauf hatte sie niemand vorbereitet. Eine alberne Farce war das, ein Sir Nicolas Gimcrack, der Spinnen dressierte, beim Licht von Glühwürmchen in einer herunter-gekommenen, verlausten Behausung, alles ziemlich ekelhaft und so offensichtlich auf ihn, Hooke, gemünzt. Er schäumte vor Wut. Rannte aus dem Theater, die beiden Freunde hinterher, „Diese Schufte!“ brüllte Hooke, dass es die ganze
London 1667
John Wilkins kam bald auf jene Zeit zu sprechen, da Hooke noch nicht dabei war, wenn die Neuartigkeit der Experimente wieder eine Seite im Buch der Wissenschaft aufschlugen. So erinnerte er sich zurück an eine Episode in Aix-en-Provence, im Jahr von Robert Hookes Geburt, 1635. Wilkins stattete damals als junger Mann zweien der bekanntesten Gelehrten und Naturforscher einen Besuch ab. Es ging ihnen allen um das Phänomen des Blitzes und jenes der Elektrizität. Gab es einen Zusammenhang?Ein Maiabend, endlich, es gewitterte. Am Horizont rollte der Donner entlang, Bündel aus Blitzen, die sich entluden, dann wieder der grollende Donner, strömender Regen, Dunkelheit. Es war gespenstisch. Das fahle Licht der Blitze erhellte für Augenblicke die Gesichter der vier
John Wilkins musste laut lachen bei der Erinnerung an diese Zeit. Hooke schlug ihm ein Experiment vor, dass ihm vor Tagen erst eingefallen war: in dem Vakuum der großen Glasphiole einen Draht zum Leuchten zu bringen. An die neue Phlogistontheorie dieses Deutschen Johann Becher, der sich ja angeblich sogar unsichtbar machen konnte, glaubte er ebensowenig wie sein Mentor Robert Boyle. Würde der Draht also verbrennen? Hooke hatte sich eine ähnliche Elektrisierapparatur gebaut, wie Otto von Guericke, der ja auch das Vakuum so beeindruckend mit seinen Halbkugeln demonstrierte, sie soeben dem genialen Leibniz vorgeführt hatte. Doch damit tat sich fast gar nichts. Viel besser funktionierte das zum Glühen bringen des Drahtes mit einer chemikalischen Vorrichtung, die sie Batterie nannten. Ein
"Der Meister sprach: 'Ach, in eurem Reden vom Taischan gleicht ihr nicht Lin Fang'"
Lun Yü (Gespräche des Konfuzius), Buch III – Ba Yi
Hooke hatte diesen bewegliche Quadranten mit Federn versehen, so dass sich die Beweglichkeit erhöhte. Er schwang diese riesige Apparatur quer durch den Raum im Gresham College. Die Besucher, unter ihnen Christopher Wren und ein chinesischer Gelehrter, waren begeistert.„Nun sehen sie einmal, meine verehrten Herren, auf was der von uns so bewunderte Hevelius verzichtet, wenn er mit bloßen Augen den Himmel zu kartographieren versucht. Das mus ein vergebliches Unterfangen sein. Aber der große Tycho Brahe hat mit dieser Besessenheit der bloßen Augensicht ein fatales Vorbild geschaffen. “Die unterschiedenen Bogensekunden können gar
London 1689 Philaminte: Und ich habe ganz klar Menschen im Mond gesehen.
Bélise: Ich habe dort keinen Menschen gesehen, wie ich glaub',
Aber ich habe dort Türme gesehen, genau so,
wie ich euch sehe.
Molière, Die gelehrten Frauen, 1672
„Die Geschichte wird sich in etwa folgendermaßen entwickeln: Im Jahr 1900 spätestens wird eine Delegation von Jesuiten die Mondbewohner besuchen mit Hilfe eines Schiffes, das durch das Weltall segelt, angetrieben von einer neuen Form von Energie, nämlich der Dampfenergie. Der französische König und die Elite des französischen Adels wird selbst an der Spitze dieser Delegation sein. Dadurch werden die Mondbewohner zweifellos dazu bewegt, den katholischen Glauben als einzig Wahren anzunehmen.“ Lin Fang blickte
Die Zukunft. Vorhersagen können, weil man an den Stellschrauben der Geschichte selbst mit Nachdruck arbeitete. Interessante Idee. Hooke war nicht abgeneigt, hier mitzuspielen. Konnte es sein, dass die irdische Geschichte sich nach vergleichbar einfachen Gesetzen abspielte, wie die Himmelsmechanik nach den Gesetzen der Mathematik? Kam nicht auf das Zeitalter des Feudalismus ein Umbruch mit einem Diktator, der dann ebenfalls hinweggefegt wurde von den entfesselten Kräften der Revolution? Das hatte man erlebt in England mit Oliver Cromwell und Julius Caesars Versuch, die Republik abzuschaffen, musste dieser mit seinem Tod bezahlen in den Iden des März. Es gab dieses winzige Beispiel einer funktionierenden Republik San Marino seit Jahrhunderten in den unzugänglichen Bergen Italiens und
Der dumpfe Gong der großen Pendeluhr riss Hooke aus den Gedanken. Er sollte sein Projekt vor der Royal Society hier im Gresham College vorstellen, eben jenes Zenitteleskop, eingebaut in dem Monument des Brandes von London. Es wurde Zeit. So eilte er aus seinen Räumlichkeiten hinüber in den großen Vortragssaal, wo sich die ehrwürdigen Mitglieder bereits versammelt hatten. Ganz vorne saßen die edlen Lords mit den großen Allongeperücken. Hooke selbst hatte eine solche nie besessen, sie wäre ihm nur hinderlich gewesen bei seinem Hasten von Experiment zu Experiment. Doch hier, im großen Vortragssaal, war bereits eine ungewöhnliche Vorführung im Gange: Boyle hatte einen Kreis ausgelegt aus Pulver eines gemahlenen Horns eines echten Einhorns. Nun setzte er mit wichtiger Miene eine
"...so sind auch nicht alle Poeten die von Liebessachen schreiben zu meiden; denn viel unter ihnen so züchtig reden, das sie ein jegliches ehrbares frauenzimmer ungescheuet lesen möchte."
Martin Opitz
Lady Garret sah Hooke fast flehentlich an. Sie waren allein, wieder einmal und doch viel zu selten für Hooke.Diese Rechenmaschine ist wirklich ein kleines Wunderwerk, meinte sie. Betrachtete das kleine Wunderwerk aus der Nähe. Hooke war wie unter großer Anspannung. Er druckste herum. Wandte sich fast zur Wand, während sie ein Gespräch in Gang zu bringen versuchte. Was doch eigentlich seine Stärke war. Dennoch war er schüchtern, nein, eher beklommen. „Issac würde eifersüchtig sein, wenn er davon wüsste.“ „Mag sein.“ „Er hat sich über deine
Die Kunst, die Natur selbst zu befragen, und sie auf die Folter zu spannen
Leibniz
Hooke las mit großer Neugier in William Dampiers 'New Voyage Round the World'. Dort war ein seltsames Tier beschrieben:„...ist insonderheit eine Gattung sehr schöner wilder Esel zu erwähnen, die überaus merkwürdige, schwarze und weiße Streifen haben, welche vom Kopf bis zum Schwanze gehen und sich unter dem Bauch, der weiß ist, verlieren. Diese Streifen sind zwei bis drei Finger breit und laufen ganz genau nebeneinander her, wobei stets ein schwarzer einem weißen in der richtigen Ordnung folgt. Ich habe zwei solche getrocknete Häute gesehen, die man aufhob, um sie als Kuriosität nach Holland zu schicken.“Hooke blätterte zurück, an eine andere Stelle. Es ging um ein Fest auf
Hooke fasste Lady Garret um die Taille und geleitete sie zu einem Sessel.„Es ist ein Experiment. Das scheint mir das Wichtigste überhaupt. Die Erforschung unserer Welt durch Experimente. Es ist, als würde man der Welt, der Wirklichkeit Fragen stellen, und sie muss antworten, wahrheitsgemäß. Ob sie will oder nicht. Aber man muss die richtigen Fragen stellen. Auf die richtige Weise." „Und dies ist ein Experiment in Liebesdingen. Oder?" „Richtig. Wir untersuchen die Wirkung von Substanzen auf die Liebe zwischen Menschen." „Ich fühle mich zu ihnen hingezogen, Robert. Aber, ob das schon Liebe ist, weiß ich nicht. Ehrlich." „Mir geht es ähnlich. Die Frage ist, wie sich echte Liebe äußert. Erst wenn wir das wissen, können wir das Experiment korrekt durchführen. Nur dann
Daniel Defoe, nun 44 Jahre, besuchte seinen alten Lehrmeister Robert Hooke. Beide gingen in ein Kaffeehaus. „Ich mache mir nur Sorgen, daß diese Sache einmal in die Hände unerfahrener, zu junger Leute gerät.“ murmelte Hooke mehr für sich. „Welche Sache?“ Hooke hustete heftig, blieb plötzlich stehen und betrachtete den Himmel, wo sich die Stare in riesigen Wolken zu einem Schwarm versammelt hatten. Es begann zu regnen und beide beeilten sich ihre Regenschirme aufzuspannen und schnell ins Trockene zu kommen .Hustend öffnete Hooke die Tür zum Old Blitcheners Coffeehouse, wo ein Gambenspieler die Gäste unterhielt. „Hast du eigentlich Morus 'Utopia' gelesen? “Daniel nickte.„Glaube nicht, dass die Menschen jemals friedlich zusammenleben
"In dem Gemach lag ein großes geschriebenes Buch...Es ist die Geschichte der Welt, der wir eben jetzt einen Besuch machen, gab ihm die Göttin zu verstehen."
Leibniz, 1705
„Was ist das für ein Buch?" „Keine Ahnung...“ „Gib her!" „Nein! Es ist geheim.“ „Wieso geheim? Woher weißt du das denn? Und wieso darfst du darin lesen und ich nicht?“ „Weil ich es gefunden habe. Und du nicht.“ „Wer hat es denn geschrieben? Gib schon her!“ „Ein gewisser Robert Hooke. Nein lass!“ „Wer ist das denn? Jemand Berühmtes? Gib schon. Sei nicht so eklig.“ „Lass! Ich lese dir draus vor, wenn du willst.“ „Dann mach." „Also: Die Bastille wird am 14. Juli 1789 vom Volk gestürmt. Dies soll erinnern an die erfolgreiche 'Glorious Revolution' in England einhundert
14. Juli 1789
„Sieh nur Theodora, was wir angerichtet haben!“
Jeanne war erschrocken über hunderttausend Flinten, die vor der Bastille in den Nebenstraßen hin und her wogten. Es fielen zahlreiche vereinzelte Schüsse. Die Menge tobte, kam aber nicht an die Bastille heran. Jeanne lehnte sich aus einem der Fenster an einem der Wohnhäuser in der Nähe, wohin sie sich begeben hatten. Auch andere lehnten sich aus den Fenstern und feuerten die Menge an. Theodora im Inneren ging nachdenklich und aufgeregt auf und ab und wandte sich nur selten an Jeanne, indem sie zum Fenster ging und ebenfalls hinauszusehen versuchte. Man knallte ein oder zwei Stunden drauf los, man schoss herunter, was sich auf den Türmen sehen ließ; der Gouverneur, Graf von Launay, ergab sich; er ließ
"...und bei hin und wieder anscheinender Weisheit im einzelnen, doch endlich alles im großen aus Torheit, kindischer Eitelkeit, oft auch kindischer Bosheit und Zerstörungssucht zusammen gewebt..."
Kant (über Geschichte)
Paris, Januar 1793. Ein Zimmer in Louf 's Haus.Theodora schrieb an einem Brief.„An wen geht der?“ Jeanne war neugierig. „An Danton.“ Die Tür öffnete sich von allein und schwang ganz auf. Jeanne ging hin und schloss sie wieder. Zumindest versuchte sie es. Die Tür verkantete mit einem lauten Quietschen im Rahmen, blieb aber soweit geschlossen.„Du bestimmst, was sie reden und entscheiden?“ „Ich dachte, das wäre klar.“ „Und ich dachte, es geht um die großen Linien.“ „So ist es ja auch. Die großen Linien. Was sie dazwischen reden, ist
Warum sollte man es dann noch für ein phantastisches Unterfangen halten, das Bild der künftigen Geschicke des Menschengeschlechts nach den Ergebnissen seiner bisherigen Geschichte mit einiger Wahrscheinlichkeit zu entwerfen?
Condorcet
„Sieh mal, wen ich hier habe. Das ist Bürger Caritat, früher: Marquis de Condorcet. Er muss sich verstecken. Wegen Robespierre. Du weißt. Er ist der Meinung, dass man die Geschichte planen solle und könne.“ Jeanne gab ihm freundlich die Hand, die der ehemalige Marquis erst küssen wollte, dann aber schüttelte. „Er wird an seinem neuen Werk arbeiten. Hier, in Sicherheit vor dem Terreur. Wie heißt es doch gleich?“ „Entwurf einer historischen Darstellung der Fortschritte des menschlichen Geistes.“
„Theodora!“ Jeanne rief so leise es ging. „Da ist jemand in unserem Versammlungsraum.“ Jeanne kroch aus dem Gang und der Klappe in der Holzvertäfelung ins Bibliothekszimmer. Sie war aus Neugier im Versammlungsraum gewesen, woraus sie geflohen war, als sie die Eindringlinge hörte, die die Tür zu den unterirdischen Katakomben aufbrachen. Theodora wusste, dass keine Zeit zu verlieren war. „Dann müssen wir hin!“ meinte sie und kletterte sogleich in den schmalen Gang, der von ihrem Haus zu dem Versammlungsraum führte. Als sie beide den Saal betraten sahen sie einen kräftigen Mann im Halbdunkel an dem großen Schrank stehen und eine der frühmittelalterlichen Kronen, an denen Buchstaben herabhingen in der Hand halten. Theodora nahm leise das lange Schwert auf dem Tisch in beide
Theodora, nun 28 Jahre alt, blinzelte aus einem Auge, das andere hielt sie zusammengekniffen. Sie betrachtet das Château Montmorency hier nördlich von Paris in 'Émile'. Diesen Namen hatte das ehemalige Montmorency vor neun Jahren vom Nationalkonvent zu Ehren Rousseaus erhalten. Sie spazierten über die Felder und Wiesen. Die Sonne blitzte durch die Blätter und Zweige. Jeanne berührte die Moose und Flechten an den Bäumen fast zärtlich im Vorübergehen. „Eigentlich müsste es Château Émile heißen. Wohnt hier jemand? Was meinst du?“ Sie bogen von der Wiese auf den Weg ein, der zu dem Vorplatz des Châteaus führte. „Hm. Mal sehen.“ Sie kamen an der Freitreppe an, die hinauf zum Portikus und der Tür führte. Sie sahen sich an. Theodora klopfte laut. Nichts geschah. Sie
"...so offenbart sich die Natur weit deutlicher, wenn man sie kunstgerecht reizt und quält, als wenn man sie frei sich selbst überlässt."
Francis Bacon, De Augmentis Scientiarum, 1623
Fabienne suchte den richtigen Schlüssel und nach einer Weile fand sie den passenden. Die Tür öffnete sich und gab den Blick nach und nach frei auf ein seltsames Sammelsurium von Geräten und Apparaten in der dunklen, düsteren Kammer, die vor ihnen lag. Nach und nach beleuchtete Fabienne die jeweiligen Geräte. Es waren alles Folterinstrumente. Eine Streckbank, ein Spanischer Stiefel, die Garotte, eine Stachelrolle, die man 'Gespickter Hase' nannte und andere Apparaturen des Schreckens bevölkerten diesen Raum.„Das ist aber ein seltsamer Weg eine Frau zu verführen!“ meinte
Umschlag: Phasen der Venus, Pastelzeichnung von Maria Clara Eimmart, 1693-98 S. 32: Beau-Dieu (Christusfigur am Trumeaupfeiler) am Südportal der Kathedrale von Chartres (Detailausschnitt)S. 33: Beau-Dieu (Christusfigur am Trumeaupfeiler) am Südportal der Kathedrale von Chartres S. 38: Charles Percier, Album, fol. 45 (1796), Musée Vivenel, Compiègne; (und Detailausschnitt) S. 45: Cymbiola innexa (Muschel) S. 46: Robert Hooke, Micrographia, Schema VIII (Detail) S. 50: Geldschein One Shilling, Entnommen: S. 86: Halley mit einem Diagramm der Hohlerde 1736 S. 134: Jan van Eyck, Hochzeit des Giovanni Arnolfini, 1434, National Gallery, London S. 134: Willem van Haecht, Cornelis van der Geest,